Wer den Return on Investment kurzfristig steigern will, kappt das Werbebudget oder schichtet in billigere Kanäle um. Langfristig geht jedoch Geld verloren, wenn der schnelle Euro mehr als die Marke zählt.
Les Binet ist kein Freund ausschweifender Erklärungen. In seinen Vorträgen kommt der Marketingexperte, der seine Forschungsarbeit der vergangenen zehn Jahre gern in zwei Charts an die Wand wirft, meist schnell zum Punkt: „Der effizienteste Weg, sein Geschäft zu betreiben, ist pleitezugehen“, schleudert er seinen Zuhörern in Prag mit einem jungenhaften Lächeln entgegen. „Wer nichts ausgibt, hat einen grenzenlosen Return on Investment.“ Da geht ein Raunen durchs Publikum und die verbleibenden 30 Minuten hängen alle an seinen Lippen.
Binet ist Head of Effectiveness der Londoner Werbeagentur Adam&Eve DDB, nicht Head of Efficiency, wie er gerne betont. Sein Wissen hat der studierte Physiker in erfolgreichen Büchern veröffentlicht. Sein Tagesgeschäft beschreibt er mit einem Augenzwinkern: „I work out what sells stuff.“
Seit vielen Jahren untersucht Binet die Effektivität von Marketing- und Werbemaßnahmen, vergleicht Medienkanäle, lang- und kurzfristige Strategien und ihre Wirkung auf Abverkauf und Markenbildung. Dafür nutzt er die umfangreiche IPA-Datenbank. Die Dachorganisation der britischen Werbeindustrie, Institute of Practitioners in Advertising, verfügt über Daten zu über 1500 Kampagnen aus 30 Jahren.
Um zu erklären, was der Unterschied zwischen Effektivität und Effizienz ist, erzählt Binet gern vom Britischen Automobilclub AA – das Pendant zum deutschen ADAC. Die Automobile Association ist über 100 Jahre alt und war einst die beliebteste Marke im Empire. Bis sich das Marketing radikal änderte: Die Werbeausgaben wurden zusammengestrichen, statt auf klassische Medienkanäle und Markenwerbung setzte man auf Performance-Marketing. E-Mails, Paid Search und Preismaßnahmen im Internet kurbelten die Kundenakquise an. Nie war die Effizienz der Marketingmaßnahmen höher. Doch schon nach kurzer Zeit ging die Rechnung nicht mehr auf: Die AA verlor Käuferreichweite, Marktanteile und am Ende ihre Profitabilität. Hätte man so weitergemacht, erklärt Binet, wäre die AA binnen 5 Jahren pleitegegangen.
Wer die Effizienz der Kommunikation zum Maß aller Dinge macht, ist früher oder später verloren, lautet denn auch eine zentrale Botschaft in Binets Büchern und Vorträgen: „Effectiveness matters first and then efficiency.“ Der Return on Investment, kurz ROI, kommt als Leistungskennzahl entsprechend schlecht weg, weil er den Blick auf die kurzfristige Aktivierung lenke statt auf den langfristigen Markenaufbau und von vielen falsch verstanden werde.