Grundlagenforschung – das klingt für viele erst einmal sterbenslangweilig, nach einem sozialwissenschaftlichen Proseminar für Erstsemester. Doch wer genauer hinsieht, der entdeckt, wie wichtig die präzise Kenntnis von Wirkungszusammenhängen ist. Nur wer versteht, wie und warum Werbung wirkt, kann mit ihr erfolgreich sein und den Wert seines Unternehmens langfristig steigern. Das gilt für die TV-Vermarkter genauso wie für ihre Kunden.
Marktforschung könnte so einfach sein, wenn sich alle Fragen mit „Ja“ oder „Nein“ beantworten ließen. Schöne Variablen sind das! Absolut trennscharf, einfach zuzuordnen, perfekt im Vergleich: Ja – Nein, 1 – 0, die Ausprägung liegt vor oder eben nicht. Auch in der Werbewirkungsforschung gibt es sie in vielen Bereichen. Die Befragten erinnern sich daran, in einem TV-Spot eine bestimmte Marke gesehen zu haben – oder eben nicht. Manchmal muss man ihnen ein bisschen auf die Sprünge helfen: War es vielleicht Werbung für …? Gestützte Werbeerinnerung heißt das dann.
Seit vielen Jahren ist der „Recall“, also der Abruf einer Marke oder eines Produkts aus dem Gedächtnis, ein verbreitetes Mittel in der Wirkungsforschung und ein anerkannter Indikator für den Werbeerfolg. In Zeitreihen lässt er sich ebenso gut vergleichen wie über verschiedene Länder, Plattformen und Werbeträger hinweg. Und doch gibt es immer wieder Zweifel daran, ob das bloße „Behalten“ tatsächlich so viel Einfluss auf die Kaufentscheidung hat.
„Wir müssen kritisch hinterfragen, ob die gängigen Indikatoren wie Ad Recall und Brand Awareness noch geeignet sind, die kommunikative Leistung von Werbung abzubilden“, fordert Guido Modenbach, EVP Research, Analytics & Consulting bei Seven.One Entertainment. „Wir brauchen ein neues Denken und Innovationen bei der Erfassung von Werbeerfolg.“ Schon länger wird diese Frage akademisch diskutiert. So hat das renommierte Ehrenberg-Bass Institute in Adelaide den Begriff der „Mentalen Verfügbarkeit“ geprägt. Wenn Werbung etwas bewirken soll, muss sie die Marke im Gedächtnis verankern. Qualität und Quantität von Gedächtnisverknüpfungen sowie die Stärke von Assoziationen beeinflussen den Kaufentscheidungsprozess; letztlich kommt es auf die Relevanz in der konkreten Kaufsituation an.
Einen ersten Schritt in diese Richtung geht Seven.One Media mit der Erhebung der „Ungestützten Detailerinnerung“. Gerald Neumüller, Director Research, sieht darin einen „Indikator für die Verarbeitungstiefe, der relativ einfach mit standardisierten Methoden zu erheben ist“. Ermittelt wird der Anteil an Personen, die bestimmte Details eines TV-Spots oder Videoposts korrekt wiedergeben können. Das Ergebnis zeigt den Einfluss von Werbung auf Gedächtnisstrukturen. Und dieser unterscheidet sich je nach Videoplattform und Häufigkeit der Exposition. Die Detailerinnerung sei ein „zusätzliches Angebot und kein Ersatz für Recall-Werte“, erklärt Neumüller. Man versuche einen Maßstab zu finden, der für alle praktikabel ist.